Islamic Banking
In der
nahezu völlig hysterisierten westlichen Welt, ist
bekanntlich nur wenig Raum für Ideen, die nicht nur von Muslimen kommen sondern
sogar von deren Grundsätzen ultimativ gefordert werden. Es hat sich eine
gewisse Starrsinnigkeit ausgebildet und die reagiert oft genug nach dem Motto:
„Wenn’s islamisch ist, kann’s ja nur Mist sein.“
Die neue Wirklichkeit, in der
allerdings recht unislamische Zocker wirtschaftlich den Rahm abgeschöpft und
eine Krise gigantischen Ausmaßes hinterlassen haben, sollte jedoch eigentlich
dazu angetan sein, mit eingeschaltetem Verstand Alternativen zu prüfen.
Islamische Banken sind
von der Finanzkrise bislang weitestgehend verschont geblieben. Denn sie unterliegen einem strengen Zinsverbot – und hatten
deswegen beispielsweise keine Schrottpapiere erworben.
Die Finanzkrise hat die Bankenwelt in der
ganzen Welt erschüttert. In der ganzen Welt? Nicht ganz. Die islamischen Banken rühmen sich, weitgehend
verschobt geblieben zu sein. Und tatsächlich: "Sie sind natürlich nicht
immun, aber deutlich weniger stark betroffen", sagt Davide Barzilai,
Experte für Islamic Banking bei der Anwaltskanzlei Norton Rose.
(Quelle:
http://www.welt.de/finanzen/article3523621/Islamische-Banken-sind-die-Gewinner-der-Krise.html)
Seltsamerweise hat sich hier bei uns das grundsätzlich falsche Gerücht
verbreitet, der gesamte Nahe Osten sei ebenfalls von Pleitewellen, Niedergängen
und ähnlich dramatischen Verlusten heimgesucht wie wir. Möglicherweise war hier der Wunsch
der Vater des Gedankens und ich bin sicher, dass wirklich viele eine solche
Situation für diese islamischen Staaten unterstellen, aber dem ist nicht so.
Und die
„Welt“ kann nicht unbedingt als ultimative
Verfechterin islamischer Ideen gelten.
Aber was ist denn eigentlich dran und dahinter?
Wie funktioniert „Islamic Banking“?
Und warum
hätte es die Weltwirtschaftskrise vollständig verhindert, wäre es breitflächig
vertreten?
Welches Ausmaß haben solche Bankgeschäfte mittlerweile?
Bemühen wir uns um Antworten.
Welche
„islamischen Geschäfte“ werden getätigt?
Für diese Banken ist
nicht nur das Berechnen von Zinsen verboten, sondern auch das Handeln mit
Schuldpapieren, so dass sie beispielsweise nicht in amerikanische
Schrottimmobilien investiert haben. "Außerdem gibt es
das Prinzip, dass man nichts verkaufen kann, das man nicht besitzt oder das
noch nicht existiert", erklärt Barzilai. Daher mischen diese Banken
auch nicht bei Rohstoff-Termingeschäften oder in
anderen spekulationsgetriebenen Märkten mit.
Die meisten
der heute existierenden islamischen Banken verbieten zudem Geldanlagen in
Waffen, Alkohol, Pornographie und Schweinefleisch.
(Quelle wie
oben)
Die zentrale Idee ist, siehe oben, dass keine Geschäfte mit Dingen abgewickelt
werden dürfen, die de facto nicht oder noch nicht existieren.
Die zitierten
Warentermingeschäfte produzieren Gewinne auf der Basis bloßer Annahmen; für
gewöhnlich werden mit Stoffen, die (üblicherweise saisonal bedingt) in der
Zukunft produziert werden, hohe Gewinne erzielt. Hier erwirbt der Käufer
beispielsweise Landwirtschaftsprodukte, die noch gar nicht gewachsen sind und kann dieses Eigentumsrecht gewinnbringend handeln
oder selbst nutzen. Geht die Ernte ein, ist der
Händler vernichtet.
Islamische Banken reduzieren
sich also von vornherein ausschließlich auf Güter, die tatsächlich bereits
existieren und somit einen realen Geldeswert haben. Das Geld repräsentiert also
ein Produkt, welches der Käufer bzw. Händler
besichtigen, anfassen und wirklich nutzen kann.
Wie kann
man aber Geld von einer Bank als Kredit erhalten?
Dennoch wollen auch
islamische Banken Geld verdienen. Ihr Plus erzielen
sie aber statt mit Zinsen über andere Konstruktionen. Wenn ein Kunde ein
Auto kaufen will, so nimmt er keinen Kredit bei der Bank auf, sondern schließt
mit ihr einen Vertrag. Dann kauft die Bank das Auto und verkauft es an ihn
weiter - aber mit einem Aufschlag. Die erhöhte Summe bezahlt der Käufer in
festen Raten zurück.
Unternehmen finanzieren
sich dagegen über ein Konstrukt, das "musharaka" genant wird. Vom Prinzip entspricht es der Private-Equity-Anlage in westlichen
Finanzsystemen. Die Bank beteiligt sich auf Zeit an einem bestimmten
Unternehmen oder Vorhaben und erhält hierfür einen
prozentual festgelegten Anteil am Gewinn. Sie verdient daran,
läuft aber auch Gefahr, ihr Geld zu verlieren, wenn das Unternehmen Pleite
geht.
Dieses Prinzip ist
neben dem Zinsverbot entscheidend im islamischen Bankwesen.
So einfach!
Das Wirtschaftsgut, hier das
Auto, existiert und wechselt nach klaren Gesichts- und Vertragspunkten den
Eigentümer. Wichtig hierbei ist der Umstand, dass die Bank selbst vorübergehend
Eigentum an diesem Auto erwirbt und somit eine direkte Beziehung „Geld – Auto“ herstellt. Damit sind abstraktere
und gleichzeitig damit gefährlichere Geschäftsmodelle unmöglich; das Geld steht
immer in direktem Zusammenhang mit dem konkreten Wirtschaftsgut.
Wie hätte
das Islamische Bankwesen die Wirtschaftskrise verhindert?
Das islamische Bankensystem hat Indonesiens Vize-Präsident Jusuf Kalla zufolge nur
vergleichsweise geringen Schaden durch die weltweite Finanzkrise
genommen. Das islamische Banken- und Finanzsystem hat in der Krise seine Stärke
bewiesen, sagte Kalla bei einer Konferenz vor dem Auftakt des fünften
Islamischen Wirtschaftsforums in der indonesischen Hauptstadt Jakarta:
"Wir wissen alle, dass muslimische Länder mit einem islamischen
Wirtschaftssystem von der gegenwärtigen Krise relativ wenig betroffen sind."
Zugleich kritisierte Kalla das westliche Finanzsystem: "Die jüngste globale Krise hat uns gezeigt, dass
eine Wirtschaft, die auf nicht realen Transaktionen beruht, schnell zerstört
werden wird."
(Quelle:
http://www.bh-international.de/webview104/104,0,873.html)
« …nicht auf realen
Transaktionen beruht … « dieser Satz bestätigt und unterstreicht das zuvor
Gesagte eindrucksvoll.
Wie wir alle wissen, kam die
Krise durch „abstrahiertes“, „virtuelles“, ergo: nicht real existierendes Geld
zustande, das nach und nach durch die Wirtschaftsmechanismen vollständig jeden
Wert verloren hatte. Die Bündelung US-amerikanischer Hypothekenkredite und
deren Umwandelung in börsengehandelte Anlagepapiere hat exakt den Sprung
gemacht, auf den Islamische Bankengeschäfte ganz grundsätzlich verzichten. Die
Papiere, nicht von ungefähr als „Derivate“ (sinngemäß
übers.: „Verwandelung“) bekannt sind, basierten plötzlich nicht mehr auf Grund
und Boden, sondern auf Börsenwerte.
Selbstverständlich sind
Immobiliengeschäfte und, siehe oben, auch „Kreditierungen“
grundsätzlich möglich, diese Geschäfte aber befinden sich grundsätzlich
immer in direkter „Eins zu eins“ – Beziehung zum Wirtschaftsgut. Dem
islamischen Dollar steht dann ein konkreter, fassbarer Gegenwert gegenüber –
und keine fixe Idee eines fixen Börsianers.
Wir lernen
daraus: wäre islamisches Bankenverständnis breitflächig auf der Welt vertreten
gewesen, wäre die Weltwirtschaftskrise komplett ausgefallen. Denn die brach nur
wegen „nicht-realen“ und fast unbegreiflich hohen Geldsummen
aus.
Welches Ausmaß haben solche Islamischen Banken und ihre Geschäfte heute?
"Schätzungen zufolge umfasst der Markt
heute bereits ein Volumen von 800 Milliarden bis eine
Billion Dollar", sagt Zaid el-Mogaddedi vom Institute for Islamic Banking
and Finance in
(Quelle:
Welt)
Wirtschaftler
machen große Augen: 15 bis 20 Prozent Wachstum – es gibt auf der ganzen Welt
kaum eine Branche, deren Zuwachsraten annähernd dieses Ausmaß erzielen.
Aber es
gibt sie eben doch: westliche Banken rödelten 30 Prozent und manchmal mehr, an den Folgen ihres Tuns
Ein
Wirtschaftsvolumen von erreichbaren 4 Billionen Dollar ist selbst für eine
Volkswirtschaft wie die der USA eine höchst respektgebietende Summe, die
derzeit gehandelte, eine Billion ist allerdings ebenfalls beeindruckend. Vor
allem, wenn man sich die Sicherheit dahinter vorstellt; hier ist
kaum ein Risikopotenzial eingepreist und wäre auch kaum notwendig. Investor wie
Kunde können auf ihr Geld vertrauen – es verlässt ja
nie seinen Schulterschluss zum konkreten Wirtschaftsgut!
Zum
Abschluss dieser (stark eingeschränkten, aber wohl aussagestarken) Vorstellung
sein noch einmal „Die Welt“ zitiert:
"Letztlich geht es dabei immer darum,
einen Anteil am Risiko zu übernehmen", sagt Barzilai. "Geld ist nicht
dazu da, herumzuliegen und sich selbst zu vermehren." Es muss investiert
werden, in der "Realwirtschaft", also nicht in irgendwelchen
abstrakten Finanzinstrumenten. Damit scheint das islamische Bankwesen schon dort angekommen, wo die westlichen Banken jetzt, im Gefolge
der Finanzkrise, allmählich wieder hinkommen wollen.
….. Das sollte doch zu denken aufgeben.